Großbritannien, 2019
Ein sehr guter Freund schenkte mir jüngst (dieser Text entstand ursprünglich am 22. März 2022) zum Geburtstag zwei Blu-rays mit den Worten, dies sei ja immer ein schwieriges Unterfangen, etwas zu finden, das ich noch nicht in meiner Sammlung habe.
Nun, was soll ich sagen?
Nicht nur, dass ich diese Filme noch nicht besaß, ich kannte sie auch nicht, noch nicht ein Mal vom Hören-Sagen.
Die Tatsache, dass es sich dabei um zwei britische Debüt-Filme handelt, die ihren Weg veröffentlichungstechnisch abseits von Genre-Festivals noch nicht nach Deutschland gefunden haben, erklärt dies zumindest teilweise.
„Saint Maud“ ist das Langfilm-Debüt der britischen Regisseurin Rose Glass, die zugleich auch das Drehbuch verfasste.
Sie erzählt die Geschichte der jungen, streng religiösen Pallativpflegerin Maud, die privat die Pflege der ehemaligen Tänzerin Amanda übernimmt, die unheilbar an Krebs erkrankt ist.
So bekannt die Ausgangssituation erscheint, so überraschend anders ist der Blick der Regisseurin auf das Genre, der es mit einer nicht nur für einen Debütfilm bewunderswerten Stilsicherheit gelingt, neue Bilder zu finden und vermeintlich bekannte neu zu zeigen.
Die walisische Schauspielerin Morfydd Clark, deren Darstellung der Mina Harker in der dreiteiligen BBC-Serie „Dracula“ eines der wenigen Dinge war, die mir daraus in Erinnerung geblieben sind, spielt die Titelfigur zwischen bemitleidenswerter Hilflosigkeit auf der Suche nach Sinn und Halt in ihrem Leben einerseits und beängstigendem Fanatismus bis zur Selbstverstümmelung anderseits mit großer Glaubwürdigkeit und Hingabe.
Ihr gegenüber steht die wundervolle Jennifer Ehle als todkranke Amanda, die sich das Warten auf den Tod mit Partys und Sex vertreibt.
Beide Frauen sind Verlorene an entgegengesetzten Momenten des Lebens und beide glauben sich selbst retten zu können, indem sie die andere retten.
Unterstrichen werden die beiden unterschiedlichen Lebensentwürfe durch Kameramann Ben Fordesman mit bläulich-kalten Farben auf der einen und erdig-warmen Farbtönen auf der anderen Seite.
Überhaupt machen die kunstvoll ausgeleuchteten Bilder Fordesmans „Saint Maud“ zu einem der schönsten Horrorfilme der letzten Jahre – vielleicht neben „Midsommar“ (auch wenn dieser ungleich heller und freundlicher ist), mit dem er aber auch das Gespür dafür teilt, dass Schrecken nicht omni-präsent sein muss, um effektiv zu sein, sondern dass er dann am wirkungsvollsten ist, wenn er unvermittelt aus der Schönheit hervorbricht.
Wenngleich er in der Gewaltdarstellung weit weniger direkt ist, so gibt es aber auch in „Saint Maud“ schmerzvolle Momente, die uns aber eher zusammenkrümmen als zusammenzucken lassen.
Ihre Wirkung liegt weniger in der Überraschung als in ihrer Unausweichlichkeit.
Dies trifft vor allem auf die sparsam gesäten und gezielt gesetzten Body-Horror-Elemente zu, deren gekonnter Einsatz für Rose Glass‘ nächstes noch namenloses Projekt, das ein reiner Body-Horror-Film werden soll, einiges erwarten lässt.
(Anmerkung: Es wurde dann „Love Lies Bleeding„, der zwar auch Body-Horror-Momente enthält, wenn überhaupt jedoch eher als Crime-Drama kategorisiert werden kann.)
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