USA, 2024
„Civil War“, der vierte Spielfilm des britischen Schriftstellers („The Beach“, „Manila“), Regisseurs („Men“, „Ex Machina“) und Drehbuchautors („28 Days Later“) Alex Garland, ist in den deutschen Kinos völlig untergegangen und auch ich habe ihn leider dort verpasst.
In einer unbestimmten Zukunft liegen die USA im Bürgerkrieg, verschiedene abgespaltene Staaten bekämpfen sich gegenseitig.
Worum es dabei genau geht bleibt genauso weitestgehend nebulös wie die Umstände, die letztendlich dazu geführt haben.
Die Kriegsfotografin Lee Smith (eindringlich: Kirsten Dunst) rettet einer jungen Kollegin names Jessie (Cailee Spaney) bei einem Selbstmordattentat während einer Demonstration das Leben. Als sich Jessie wenig später Lee und ihren Kollegen Joel und Sammy (wunderbar: Stephen McKinley Henderson) auf deren Weg nach Washington DC anschließt, ist Lee davon erst wenig begeistert.
Dass Garland seine Geschichte als Roadmovie erzählt, kommt nicht von ungefähr, ist es doch nach dem Western gefühlt das amerikanischste aller Filmgenres.
Das Amerika, das wir auf dem Weg dorthin zu sehen bekommen, ist jedoch nicht das, was wir aus anderen Roadmovies kennen.
Anstelle von amerikanischen Sehenswürdigkeiten präsentieren uns Garland und sein Stammkameramann Rob Hardy die Ikonographie des amerikanischen (Anti-)Kriegsfilms von „Apocalypse Now“ bis „Black Hawk Down“, holen diese jedoch aus ihren weit entfernten Schauplätzen heraus und platzieren sie mitten hinein in Orte des amerikanischen Alltags.
Verstärkt wird dieser Kunstgriff noch dadurch, dass die Fotos, die die beiden Fotografinnen schießen, immer wieder als Standbilder in den Szenen eingefroren werden (teilweise auch in schwarzweiß). Es sind jene Fotos, wie wir sie alle aus Kriegsberichterstattungen in den Medien kennen, doch im Kontext des Films entstehen sie (für das amerikanische Publikum) pratisch nebenan.
Manche Kritiker warfen Garland vor, er würde nicht Stellung beziehen zu den Themen, die er aufgreift. Schon recht früh lässt er Lee sinngemäß über ihre Rolle als Kriegsfotografin sagen: „Wir diskutieren nicht. Wir dokumentieren, damit andere diskutieren können.“
Und genau das macht Garland, der in Interviews Fragen zur eigenen Interpratation seiner Filme immer wieder gern unbeantwortet lässt, hier auch. Er will nicht erklären, er will anregen, die Grundlage geben zum Nachdenken. Und Ansatzpunkte dafür bietet er etliche, aber eben auch nicht mehr, was ihm von Kritikern, die diesen Ansatz nicht verstehen, zusätzlich den Vorwurf der Oberflächlichkeit eingebracht hat.
Und obgleich er sich den gängigen Tricks des modernen Action- und Spannungskinos weitesgehend entzieht, ist ihm ein Film gelungen, der seine Zuschauer*innen angesichts seiner Kompromisslosigkeit immer wieder atem- und fassungslos zurücklässt, nur um Rob Hardy im nächsten Augenblick die Gelegenheit zu geben, uns mit seinen überirdisch schönen Bildkompositionen zu verzaubern, während uns noch die Schauer des Entsetzens über den Rücken laufen.
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