Olivers Filmwelten

Aus Leidenschaft zum Film


„MEN“

USA, 2022

Bewertung: 5 von 5.

Nachdem die Erstsichtung von „Men“ seinerzeit an einer unterirdischen Streamingqualität litt, die ihn aussehen ließ, als wäre er in 8-Bit gedreht worden, habe ich mir kürzlich die 4K-Version im Steelbook gegönnt, um ihn endlich mal in einer angemessenen Fassung sehen zu können.
In seinem drittem Spielfilm, bei dem er selbst Regie geführt und das Drehbuch verfasst hat, erzählt Alex Garland die Geschichte von Harper Marlowe, die nach dem Tod ihres Mannes in der Abgeschiedenheit von Herefordshire im Osten Englands versucht Abstand zu den Geschehnissen zu finden. In Rückblenden erfahren wir, wie es zum Tod ihres Mannes kam und warum sie so sehr darunter leidet.
Doch auch in der kleinen Ortschaft sieht sich Harper dem alltäglichen Sexismus der Männer ausgesetzt und was als Mikroaggressionen beginnt, entwickelt sich im Laufe des Films mehr und mehr zu offener Bedrohung und Gewalt, und was als psychologischer Thriller anfängt, mündet in einem astreinen Bodyhorror-Finale.
Doch wie schon bei den Cronenbergs so sind auch bei Garland die Effekte nicht nur vordergründiger Schockmoment, sondern lediglich die äußere Manifestation eines darunter liegenden Übels.
Schon die Tatsache, dass alle Männer, denen Harper in der kleinen Ortschaft begegnet, sei es der Vermieter des Hauses, der Dorfpolizist oder der Pfarrer, offensichtlich von ein und dem selben Schauspieler dargestellt werden, erzeugt nicht nur ein seltsames Unwohlsein bei den Zuschauer*innen, sondern macht diese Männer zu individuellen Ausprägungen eines gemeinsamen Prinzips, einer tradierten und vererbten Vorstellung von Männlichkeit (und einem darin verankerten Frauenbild), die sich im Film zusätzlich in der mystischen Figur des Green Man, einem uralten Symbol der Wiedergeburt, manifestiert.
Rory Kinnear gelingt es mit seinem akzentuierten Spiel jedem dieser Männer seine Eigenheiten und damit Glaubwürdigkeit zu geben, während Jessie Buckly nach „Beast“ hier in der Rolle der Harper erneut beweisen darf, warum sie eine der interessantesten britischen Schauspielerinnen der Gegenwart ist.
Garlands Stammkameramann Rob Hardy kleidet dessen Ideen wie üblich in Bilder mit einer ausgeprägten Farbdramaturgie, die zudem vom Spannungsfeld zwischen alltäglicher Vertrautheit und fast überirdischer Schönheit leben.
Die Extras der deutschen 4K-Ausgabe sind recht karg. Neben diversen Trailern gibt es ein Making-Of sowie zwei sehr, sehr kurze Interview-Schnippsel mit Alex Garland, die so wirken als hätten die Produzenten die beiden unwichtigsten und belanglosesten Passagen aus dem Making-Of herausgeschnitten und ihnen je einen eigenen Menüpunkt gegeben, um das Ganze nach etwas mehr aussehen zu lassen.
Das Making-Of selbst erweist sich jedoch als recht aufschlussreich, wenn auch nicht unbedingt für das Verständnis des Films selbst, denn wie üblich spricht Garland nicht unbedingt über das, was er mit seinen Filmen ausdrücken oder gar sagen will, wohl aber über seine Herangehens- und Arbeitsweise.



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