Olivers Filmwelten

Aus Leidenschaft zum Film


„A Dark Song“

Großbritannien, 2016

Bewertung: 5 von 5.

Lange Zeit habe ich einen Bogen um diesen Film gemacht (ich weiß gar nicht genau selbst warum), bis das von Camera Obscura veröffentlichte Mediabook nun (der Beitrag entstand ursprünglich 2022) im Angebot war und ich mir dachte, dem Film doch endlich mal eine Chance geben zu können.
Und wie so oft in den letzten Jahren zeigt sich, dass es die kleinen, unabhängig produzierten Debütfilme sind, wie „Saint Maud“ von Rose Glass, „Schlaf“ von Michael Venus, „Hatching“ von Hanna Bergholm oder jetzt eben „A Dark Song“ des britischen Regisseurs und Drehbuchautors Liam Gavin, die mich wirklich zu begeistern wissen, weil ihre Macher:innen bereit sind Genre-Konventionen über Bord zu werfen und mit einer erstaunlichen Konsquenz ihre eigenen Visionen bis zum Ende zu verfolgen.
„A Dark Song“ erzählt die Geschichte von Sophia Howard, die ihren Sohn verloren hat, und in ihrem Schmerz den zwielichtigen Okkultisten Joseph Solomon anheuert. Er soll ihr helfen ein Ritual durchzuführen, damit sie ein letztes Mal mit ihrem Kind sprechen kann. Dazu schließen die beiden sich in einem verlassenen Haus im tiefsten Wales ein…
Wer jetzt einen Horrorfilm erwartet, wird, auch wenn „A Dark Song“ in der Presse immer wieder als solcher bezeichnet wurde, bitter enttäuscht werden. Camera Obscura bewirbt den Film sogar mit den negativen Amazon-Kritiken von Leuten, die mit eben dieser Erwartungshaltung an den Film herangegangen sind.
Stattdessen spinnt Liam Gavin ein Zwei-Personen-Kammerstück über die menschlichen Abgründe, in dem Okkultismus und Psychologie gleichberechtigt nebeneinanderstehen, und für das der Horrorfilm nur die Schablone ist, derer Mittel er sich hier und da bedient, nur um dann letztendlich völlig aus ihr auszubrechen.
Catherine Walker und Steve Oram durchleben die körperlichen und seelischen Strapazen ihrer Figuren während des Monate dauernden Rituals aus dem „Buch Abremalin“ mit beklemmender Intensität und Glaubwürdigkeit.
Die farbreduzierten Bilder von Kameramann Cathal Watters, die mitunter von betörender Schönheit sind, und der minimalistische, rhythmische Soundtrack von Ray Harman unterstützen die langsam eskalierende Atmoshäre zwischen der verzweifelten Sophia und dem ruppigen Joseph perfekt.
Das Mediabook von Camera Obsura enthält neben dem Booklet mit einem lesenswerten Essay des renomierten deutschen Filmwissenschaftlers Prof. Dr. Marcus Stiglegger u.a. die Kurzfilme des Regisseurs (eine Chance, die Capelight Pictures bei „Hatching“ leider verpasst hat).
Falls Euch meine Ausführungen neugierig gemacht haben, rate ich vom Anschauen des Trailers oder Googlen des Filmes rate ich aus Spolier-Gründen dringend ab.



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