Deutschland, 1930
Der in Berlin spielende deutsche Stummfilm „Menschen am Sonntag“ bildete den Startpunkt der Karrieren von vier namhaften Regisseuren.
Schon seltsam, dass er mir erst so richtig ins Bewusstsein tritt, wo ich mich nun mit dem Werk des unbekanntesten von ihnen auseinandersetze: Edgar G. Ulmer, der als Szenenbildner unter Murnau und Lang gelernt hatte und in den USA mit Werken wie dem sinistren Horrorfilm „The Black Cat“ (mit Lugosi und Karloff), dem nicht minder abgründigen Film Noir „Detour“ und dem poetischen Sciene-Fiction-Film „The Man from Planet X“ lange Zeit übersehene Klassiker des jeweiligen Genres schuf.
Bei „Menschen am Sonntag“ führte er zusammen mit den Brüdern Curt und Robert Siodmak Regie und schuf mit ihnen nach einem Drehbuch von Billy Wilder ein stilprägendes Werk.
Selbstfinanziert und damit unabhängig von den großen Filmstudios erzählen sie mit Laiendarsteller*innen in semi-dokumentarischen Spielszenen vom Leben junger Menschen Ende der 20er Jahre in Berlin. Kameramann Eugen Schüfftan, der für Langs „Metropolis“ die Film- und Tricktechnik mit seinen Erfindungen revolutioniert hatte, gelingt ein Balanceakt zwischen realistisch-dokumentarischem Charakter und kunstvoller Ausgestaltung, der den Film auch heute noch mehr als sehenswert macht. In manchen Spielszenen blitzt sogar schon der Humor Billy Wilders durch, wie zum Beispiel in der wunderbaren Sequenz, wo ein tropfender Wasserhahn, eine sich nicht schließen wollende Schranktür und die Frage, wie eine Hutkrempe zu tragen sei, zu einem handfesten Streit eines Paares führen. Für alle Berliner*innen und Menschen, die sich für das Lebensgefühl der Zeit interessieren sei der Film ohnehin ohne Einschränkung empfohlen.
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