Deutschland, 2020
Wie wenig der deutsche Genrefilm im eigenen Land gilt, sieht eins sehr schön an der Veröffentlichungspolitik des Regiedebüts von Michael Venus. Zwar lief der Film in der Rubrik „Perspektive Deutsches Kino“ im Jahr 2020 auf der Berlinale und danach erfolgreich auf diversen internationalen Genre-Festivals, für den Heimkinomarkt wurde er jedoch lediglich als schlichte DVD veröffentlicht.
Mein britisches Lieblingslabel Arrow Video hingegen hat dem Film eine wunderschön aufgemachte Blu ray-Edition inkl. umfangreichem Booklet und Audiokommentar spendiert, deren märchenhafte Gestaltung jedoch auch falsche Erwartungen hinsichtlich des Films wecken könnte.
Erzählt wird die Geschichte der jungen Mona (nach „Wir sind die Flut“ und „Endzeit“ die wunderbare Gro Swantje Kohlhof erneut in der Hauptrolle eines deutschen Genrefilms), deren Mutter Marlene (Sandra Hüller) seit Jahren an Albträumen leidet.
Auf der Suche nach dem Ursprung dieser Träume kommen Mutter und Tochter in ein kleines Dorf im Harz, in dem ein altes Hotel der Schlüssel zum Geheimnis zu sein scheint.
Mit fortschreitender Laufzeit verschwimmt die anfänglich lineare und nachvollziehbare Erzählstruktur des Films mehr und mehr und an ihre Stelle tritt eine Logik des Traums mit Handlungs- und Ortssprüngen, die manche Zuschauer*innen verwirren können.
Der Film vermengt Bezüge zum Grimmschen Grusel-Kurz-Märchen der „Frau Trude“, Folk-Horror- und Thrillerelemente zu einer eigenartigen Stimmung der Tristesse, die durch die meist leicht farbreduzierten Bilder von Kameramann Marius von Felbert und das extrem zurückgenommene Schauspiel aller Darsteller*innen zusätzlich unterstützt wird.
Nicht der Film ist langweilig, wie in manchen Rezensionen zu lesen, sondern die Welt, die er beschreibt. Und darin liegt ihr Schrecken. Deutsche Spießigkeit und Biederkeit, die keine Störungen duldet, weil sie nur ein allzuleicht zerreissender Deckmantel sind für die darunter liegenden grausigen Geheimnisse.
Das alles mag nicht immer neu sein, ist aber äußerst gekonnt umgesetzt.
Ein viel überaus versprechender Debütfilm, der gerade in Deutschland mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
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