USA, 2022
Die meisten Prequels zu Horrorfilmen scheitern, weil sie versuchen zu erklären, wie das Monster in den Menschen kam, ihm damit aber eigentlich den Schrecken nehmen.
Regisseur Ti West und seine Hauptdarstellerin Mia Goth, die auch zusammen das Drehbuch verfasst haben, gehen mit „Pearl„, dem Prequel zu ihrem Überraschungshit „X“ den genau umgekehrten Weg: sie zeigen uns den Menschen im Monster und lassen uns erschauern.
Wo „X“ eine Hommage an das Terrorkino und das Goldene Zeitalter des Pornofilms der 70er war, ist „Pearl“ die Auferstehung der Technicolor-Träume Hollywoods der 40er bis 60er Jahre. Aber wie es mit Auferstehungen oft so ist: Something is rotten inside.
1918, in Europa tobt der Weltkrieg, in den auch der Ehemann der jungen Pearl gezogen ist, die mit ihren Eltern, einem deutschen Auswandererpaar, auf einer abgelegenen Farm in Texas lebt.
Ihr Vater ist seit einem Schlaganfall gelähmt und so muss sich Pearl unter dem strengen Regime ihrer verbitterten Mutter um Vater und Farm kümmern.
Im Kino des kleinen nahegelegenen Ortes träumt sie sich hinaus in die große Welt, als erfolgreiche Revue-Tänzerin erhofft sie sich vom Publikum geliebt zu werden.
Mia Goth spielt die von Selbstzweifeln geplagte Pearl, die so voller Sehnsüchte und Verlangen ist, dass es irgendwann aus ihr herausplatzen muss, wenn niemand da ist, der sie erfüllt, mit einer Glaubwürdigkeit, die uns tief in unserem Innern anfasst und uns mit ihr hoffen und bangen lässt, dass ihre Träume in Erfüllung gehen, weil wir genau wissen, was passieren wird, wenn sie es nicht tun.
Ti West und Mia Goth greifen geschickt die Themen und Motive des Vorgängers um Lebenslust und Angst vor dem Altern auf, schaffen es aber zugleich „Pearl“ nicht zu einem billigen Abklatsch oder einem eigentlich überflüssigen Anhängsel werden zu lassen, sondern erschaffen einen der schönsten (dank der erneut wundervollen Kameraarbeit von Eliot Rockett) und erschütterndsten Filme des Jahres, dessen grausamste Momente nicht die der Gewalt sind.
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