Kanada, 2020
In den letzten Jahren gab es eine wahre Schwemme von weiblichen Profi-Killerinnen im Kino, eine bemüht cooler als die andere, doch fast alle letztendlich nur ein müder Abklatsch der großen Vorbilder. Das Genre scheint längst auserzählt, gefangen in einer endlosen Schleife der Selbstkopie.
Brandon Cronenberg, Sohn des großen David Cronenberg, entreisst die Thematik in seinem zweiten Film „Possessor“ dem Mainstream-Kino und bringt sie dahin zurück, wo sie wehtut.
Er erzählt von der Auftragskillerin Tasya Vos (Andrea Riseborough), die mit ihrem Geist dank moderner Technologie den Körper anderer Menschen übernehmen kann und in diesen unerkannt ihre Aufträge durchführt.
Doch dieser ständige Wechsel von Identitäten und Körpern hat ihrer Psyche schwer zugesetzt, fast scheint es als würde sie nur noch im Moment des Tötens wirklich etwas fühlen.
Dementsprechend sind die Mordszenen geradezu extatisch inszeniert, ihre Direktheit und Explizität machen sie für den Zuschauer jedoch zugleich bewusst nur schwer erträglich.
Als Tasya für ihren nächsten Auftrag den Körper von Colin Tate (Christopher Abbott ) übernimmt, scheint sich ihr Zustand zu ändern.
Die detaillierte Zerstörung des menschlichen Körpers und der Identität als zentrale Elemente des Body-Horrors, wie man sie auch aus den Filmen von Brandons Vater kennt, bilden das Grundgerüst für eine komplexe, hoch-originelle Geschichte, die sich nicht auf vordergründige Effekte verlässt, sondern sich ihrer geschickt bedient und getragen von der mal schwebend tanzenden und dann wieder unerbittlich verharrenden Kamera Karim Hussains („Hobo with a Shotgun„) und den eindringlichen Darstellungen aller Schauspieler:innen (inklusive Sean Bean und Jennifer Jason Leigh in wichtigen Nebenrollen) dem Zuschauer existentielle Fragen stellt, die noch lange nach dem Ende des Films nachhallen.
Das Mediabook von Turbine Medien enthält neben der ungeschnittenen Filmfassung auf DVD und Blu-ray (im Kino war nur die gekürzte R-Rated-Fassung zu sehen) ein überaus umfangreiches und informatives Booklet von über 60 Seiten, das man jedoch erst nach Sichtung des Films lesen sollte.
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