Südafrika, 2017
Fünf Jugendliche, vier Jungen und ein Mädchen, sind auf ihren Fahrrädern unterwegs, um sich dem Bösen zu stellen, das ihre Stadt bedroht.
Zu Beginn des Regiedebüts von Michael Matthews fühlt sich die Zuschauenden unweigerlich an „ES“ erinnert, doch Marseilles ist keine amerikanische Kleinstadt, sondern ein südafrikanisches Dorf zur Zeit der Apartheit und das Böse ist kein übernatürlicher Clown, sondern eine Gruppe korrupter weißer Polizisten, die den Ort terrorisieren.
Matthews erzählt seine Geschichte im Stile großer amerikanischer und europäischer Kino-Mythen, bricht diese aber auch immer wieder geschickt.
Die Konfrontation der Kinder mit den Polizisten erinnert an „Die glorreichen Sieben„, aber anders als dort bedeutet die Befreiung des Dorfes kein Happy End, steht sie doch am an Anfang des Filmes und setzt die folgenden Geschehnisse erst in Gang.
Tau, einer der Jugendlichen versucht zu fliehen, kommt jedoch wegen Mordes ins Gefängnis und wird erst 20 Jahre später wieder entlassen.
Der Film verläßt seine jugendlichen Protagonisten also recht schnell, sie dienen lediglich zur oberflächlichen Etablierung der Figuren und ihrer Freundschaft. Gerne hätte man mit ihnen noch mehr Zeit verbracht, um sie besser kennenzulernen, zumal die Rollen toll besetzt sind und trotz aller typischen (und beabsichtigten) Klischees von den Jungdarstellern sehenswert mit Leben gefüllt werden.
Ich hätte mir diese Exposition auch gerne als Langfilm angesehen.
Aber darum geht es Matthews hier nicht, er nutzt sie lediglich als Startpunkt und als Schablone einer Welt, in der zwar nicht alles in Ordnung war, aber die scheinbar klare Verhältnisse von „Gut“ und „Böse“ hatte.
Als Tau in seine Heimatstatt zurückkehrt, erkennt ihn zuerst niemand, er ist „Ein Fremder ohne Namen“ wie einst Clint Eastwood.
Matthews ist nicht der erste Regisseur, der den (Italo-)Western in andere Kontinente und historische Kontexte verlegt (Empfehlung an dieser Stelle: der australische „The Proposition“ von John Hillcoat), aber er versteht es, dessen Topoi geschickt und passend zu übertragen.
Die Apartheit ist mittlerweile abgeschafft, Marseilles ist zu einer kleinen Stadt geworden. Einer der alten Freunde ist nun Bürgermeister, dessen Polizeitruppe den ansäßigen chinesischen Gemischtwarenhändler mit Schutzgeld erpresst und Dank der Tolerierung des Bandenbosses „The Ghost“ die Stadt unter ihrer Kontrolle hält.
Es hat sich also eigentlich nicht viel geändert, nur die Grenzen von Gut und Böse haben sich verschoben und vermischt.
Matthews zeichnet trotz aller teils mystischen Überhöhung seiner Figuren, die er ebenfalls dem Italowestern entlehnt hat, ein spannendes und deprimierendes Bild Südafrikas nach dem Ende der Apartheit. Es geht ihm jedoch, wie seinen filmischen Vorbildern, nicht um politische Feinheiten, sondern um die Erkenntnis, die der deutsche Untertitel des Films schon in Erklärbarmanier vorwegnimmt: „There are no good men“.
P.S.: Interessierten empfehle ich die Originaltonspur in den Landessprachen Xhosa und Sesotho mit deutschen Untertiteln, da durch die deutsche Synchronisation viel von der Atmosphäre verloren geht.
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