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Aus Leidenschaft zum Film


„Il cittadino si ribella“ / „Ein Bürger setzt sich zur Wehr“ aka „Ein Mann schlägt zurück“

Italien, 1974

Bewertung: 4 von 5.

Enzo G. Castellari’s „Ein Bürger setzt sich zur Wehr“ mag auf den ersten Blick wie der italienische Versuch anmuten, auf den Erfolgszug des Charles Bronson-Klassikers „Ein Mann sieht rot“ aufzuspringen.
Mit dieser Einschätzung wird man dem Film jedoch in keinster Weise gerecht, gilt er doch heute als eines der stilprägenden Werke im Bereich des italienischen Poliziotteschi.
Der von Franco Nero gewohnt gut gespielte Carlo Antonelli wird während des Überfalls auf eine Postfiliale als Geisel genommen und von den Verbrechern auf ihrer Flucht zusammengeschlagen und verwundet zurückgelassen. Schwerer als die körperlichen Verwundungen, wiegt jedoch die psychische Beeinträchtigung.
Antonelli fühlt sich gewaltsam aus der Geruhsamkeit seines Lebens herausgerissen und zum Opfer herabgewürdigt.
Die Behandlung durch die Polizei und die Tatsache, dass diese sich außer Stande sieht, die Täter dingfest zu machen, steigert dieses Empfinden noch mehr und so stürzt er sich einen Feldzug gegen das Verbrechen, dem er nicht gewachsen ist.
Der als gebildet und introvertiert gezeichnete Antonelli scheint zu Beginn näher an Dustin Hoffmanns David Sumner aus „Wer Gewalt sät“ von Sam Peckinpah zu stehen als an Charles Bronsons Paul Kersey aus „Ein Mann sieht rot„. Seine Wandlung zum Wutbürger vollzieht sich jedoch deutlich schneller und drastischer und daher weniger glaubwürdig als im Peckinpah-Klassiker.
Antonellis Hilflosigkeit, deren einziger Ausweg Gewalt zu sein scheint, zeigt sich auch, wenn er seine Lebensgefärtin schlägt, als diese versucht ihn zur Vernunft zu bringen.
Sein Bemühen durch Gewalt seine Selbstsicherheit zurückzugewinnen und zu beweisen, dass er stärker ist als das was ihm angetan wurde, hat nichts zu tun mit den heroisch anmutenden Darstellungen von Rache in späteren Vigilante-Streifen und macht den Film umso interessanter.
Die ursprüngliche deutsche Fassung war um etliche Minuten gekürzt, wobei nicht nur Gewaltspitzen, sondern auch Handlungsszenen, die den Charakteren mehr Hintergrund und Tiefe gaben, entfernt wurden.
Die Bluray von FilmArt präsentiert den Film nun seit 2020 ungekürzt (jedoch ohne vollständige Synchronisation) und in gewohnt fantastischer Bildqualität.



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