Olivers Filmwelten

Aus Leidenschaft zum Film


„The House that Jack Built“

Dänemark, 2018

Bewertung: 4 von 5.

Lars von Trier’s Filme waren noch nie Filme zum Wohlfühlen.
Durch die kunstvolle Bildgestaltung und ästhetische Überhöhung des Geschehens konnte ich doch meistens eine gewisse schützende Distanz aufbauen, war doch all das fast immer als Kunstwerk zu erkennen.
Diese Gnade gönnt der Regisseur seinen Zuschauenden in „The House that Jack built“ über weite Strecken nicht. Handkamera und nur leicht reduzierte Farben sorgen für eine Unmittelbarkeit der Ereignisse als stünde man direkt daneben. Umso schwerer fällt es dann auch den Blick abzuwenden, von dem was man da zu sehen bekommt.
Der Serienkiller Jack erzählt einem dem Zuschauer nicht näher bekannten Gegenüber, von dem man nur die Stimme hört, von zufällig ausgewählten Morden, die er „Vorfälle“ nennt.
Zwischen diesen Schilderungen führen die beide Dispute über Kunst, Religion, Architektur, etc., zusätztlich unterlegt durch Einblendungen bekannter oder berüchtigter Kunstwerke sowie Einspielungen des Klaviergenies Glenn Gould.
Die Gewalt selbst wird im Film nicht zelebriert, recht oft jedoch ihre Erwartung. Von Trier geht dabei nicht gerade subtil vor, wenn er durch überdeutliche Andeutungen der vorauseilenden Phantasie des Zuschauers jede Menge Futter hinwirft.
Das eigentlich erhofftermaßen spannungslösende Eintreten des Gewaltaktes kommt dann zumeist mit einer Beiläufigkeit daher, die trotz aller Heftigkeit eben den gewünschten Effekt nicht bringt und die Phantasie des Zuschauers geschickt unterläuft und diesen mit einem doppelten Gefühl des Unbehagens zurücklässt.
Matt Dillon versteht es auf erschreckende Weise, einen Mann darzustellen, der, wenn man ihn über Kunst und all das reden hört, schlauer klingen mag als er eigentlich ist und sich wahrscheinlich auch für so schlau hält. Dabei sind viele seiner Ausführungen nichts anders als die Einblendungen der Kunstwerke, nämlich die oberflächliche Wiedergabe von Fakten ohne tiefergehende Betrachtung oder gar Erkenntnis.
Dazu passt auch die Geschichte seines ständigen Scheiterns seines Lebenstraums, ein eigenes Haus zu konstruieren und zu bauen. Die Morde, vom ersten zufälligen Affekt bis zur scheinbar bis ins Detail geplanten letzten Tat, die dann doch wieder an Banalitäten zu scheitern droht, werden für ihn zur Ersatzbefriedigung für einen unerfüllten Traum.
Wenn Jack die Fotos seiner ersten Taten an eine Zeitung schickt und sich dabei selbst einen mehr an einen Superhelden als einen Massenmörder erinnernden Namen gibt, entlarvt von Trier die Sehnsucht dieses Mannes nach Anerkennung, die dieser nur dann bekommt, wenn er sie anderen vorschreibt.
Mord als Großtat eines kleinen Mannes, der sonst nichts auf die Reihe bekommt und nichts gilt.
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Spoiler
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Im Epilog des Films sind sie dann plötzlich wieder da: die kunstvollen Bildgestaltungen des Lars von Trier, diese Bilder, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen.
Und diese Welt verlässt der Film dann auch zusammen mit seinem Protagonisten und es geht hinab in eine rotglühende Hölle voller Anspielungen auf Dante’s Inferno.
Jack bekommt den Preis für sein Lebenswerk in einer Form, die in ihrer Kitschigkeit der künstlichen Überhöhung genauso hohl und leer ist wie er selbst.



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