USA, 2021
Nachdem ich „The Green Knight“ als Stream das erste Mal gesehen hatte, wusste ich nicht so recht, was ich davon halten, geschweige denn darüber schreiben sollte.
David Lowerys Verfilmung des englischen Versepos aus dem 14. Jahrhundert ist trotz seines weitesgehend linearen Handungsverlaufs deutlich raffinierter erzählt als es die letzten Filme von Nolan gerne gewesen wären.
Nicht alle Verknüpfungen und Verweise fallen beim ersten Schauen auf, und wenn, erschließen sie sich nicht unbedingt, deuten doch nur manche auf andere Stellen und Figuren des Films, andere jedoch auf alte irische Heiligenlegenden (die gar nicht Bestandteil des Originaltextes waren) und wiederum andere schlichtweg auf Filme wie „Barry Lyndon„, „Excalibur“ oder „Willow„, die der Regisseur bewundert und denen er Respekt zollen wollte.
Als der Film seinerzeit angekündigt wurde, hatte ich vor allem zwei Bedenken.
Zum einen, dass es so ein krampfhaft gewolltes „Kunstwerk“ werden könnte wie die 2015er Verfilmung von „Macbeth“ durch Justin Kurzel, die selbst Michael Fassbender nicht retten konnte.
Und zum anderen, dass Dev Patel, den ich vor allem als ewig grinsenden Sonny aus den beiden „Best Exotic Marigold Hotel“-Filmen im Kopf hatte, sich als komplette Fehlbesetzung erweisen würde.
Beides stellte sich glücklicherweise als nicht zutreffend heraus.
Ja, „The Green Knight“ ist ein Kunstwerk (ganz im Gegensatz zu der 1984er Verfilmung mit Miles O’Keeffe als Gawain und Sean Connery als Grüner Ritter *kicher*), ein ganz großes sogar und das sieht eins ihm in jeder Einstellung auch an, aber es wirkt nicht erzwungen, sondern schlichtweg gekonnt.
Allein was Kameramann Andrew Droz Palermo hier an Bildern hervorzaubert ist schlicht atemberaubend. Dieser Bildaufbau, diese Farben, diese Texturen (besonders in 4K). Selbst wenn ich der Handlung des Films nichts abgewinnen könnte, an diesen Bildern könnte ich mich berauschen.
Dabei sind sie nie überfrachtet, wie eins es heute oft kennt, sondern größtenteils sehr auf das Wesentliche reduziert, das dadurch aber viel mehr Gelegenheit hat in aller seiner Pracht gesehen zu werden.
Und es hätte wohl keine bessere Besetzung für die Rolle des Gawain geben können als Dev Patel, der den jungen Edelmann auf der Suche nach dem Sinn in seinem Leben mit einer tiefgreifenden Melancholie anlegt, die selbst in den freudigsten Momenten durchscheint.
Ihm zur Seite stellt Lowry eine ganze Riege kaum weniger beeindruckender Schauspieler*innen, aus der vor allem Alicia Vikander als seine Geliebte Essel und Sarita Choudhury als Morgana le Fey herrausragen.
Hinzukommt ein cleveres Drehbuch, das bei aller fast sakraler Ernsthaftigkeit und Erhabenheit, die durch die nahezu nur aus Chorälen bestehende Filmmusik nachhaltig unterstrichen wird, auch den Humor nicht vergisst (gerade dann, wenn eins ihn am wenigsten erwartet), eine Austattung, die den Film teurer erscheinen lässt als er tatsächlich war, und eine unaufdringlich vorgetragene Moral… und fertig ist einer der schönsten und intelligentesten Ritter-Filme der letzten 20 Jahre (neben „The Last Duel„). Wer klassische Mantel-und-Degen- oder Sword-and-Sorcery-Kost sucht, wird jedoch (in beiden Fällen) bitter enttäuscht sein.
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