USA, 1990
Ich kann mich noch gut erinnern wie den Film irgendwann in den späten 90ern zufällig im Spätprogramm eines Privatsenders entdeckte und die nächsten gut 90 Minuten wie hypnotisiert im Sessel saß.
So schön und so abstoßend zugleich wie in Philip Ridleys „The Reflecting Skin“ hatte ich bis dahin noch keine Coming-of-Age-Geschichte gesehen.
„The nightmare of childhood“ nennt es eine der Charaktere gegen Ende des Films.
Erzählt wird die Geschichte des neunjährigen Jungen Seth Dove, der in den 1950er Jahren in Arizona aufwächst.
In vielen Coming-of-Age-Geschichten werden die Protagonisten mit der Brutalität der Welt um sie herum konfrontiert und erfahren dadurch einschneidende Veränderungen.
In „The Reflecting Skin“ ist die Hauptfigur Seth von Anfang an selbst Teil dieser brutalen Welt, was bereits in der ersten Szene deutlich wird, in der er und seine Freunde einen Ochsenfrosch platzen lassen und damit die junge Witwe Dolphin Blue (Lindsay Duncan) mit Blut besudeln.
Diese ist nämlich, so glaubt Seth dank der Groschenromane seines Vaters, eine Vampirin.
Als einer seiner Freunde stirbt, sieht sich Seth in seinem Verdacht bestätigt…
Die von gelben Kornfeldern und blauem Himmel mit weißen Wolken geprägten Bildwelten des Kameramanns Dick Pope wurden von der zeitgenössischen Kritik oft mit David Lynch verglichen, jedoch fehlt ihnen die kitschige Überzeichnung eines „Blue Velvet„, sondern sie sind eher ins Mystische überhöht, passend zum seltsam religiös geprägten Weltbild des Jungen, in dem ein in der Scheune gefundener toter Embryo für ihn zum toten Engel seines ermordeten Freundes wird.
Die Deutlichkeit und Selbstverständlichkeit mit welcher der Film diese und ähnliche Szenen zeigt, trägt neben der intensiven Charakterzeichnung viel zu einer verstörenden Stimmung bei, die andere Filme z.B nur über die Darstellung von Gewalt erreichen. Diese spart „The Reflecting Skin“ tatsächlich fast vollkommen aus, abgesehen von der Froschszene am Anfang.
In England liegt der Film seit 2021 in einer wunderbaren 2K-Restaurierung auf Blu ray vor, die deutsche Blu ray war eher naja, wenn auch schon besser als die Uralt-DVD-Fassung.
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