USA, 2023
Dier Beitrag entstand ursprünglich am 07.04.2024.
Spätestens mit „Scary Stories to Tell in the Dark“ hatte der norwegische Regisseur André Øvredal bewiesen, dass er die Klaviatur des Gruselfilms hervorragend beherrscht. Umso verwunderter war ich seinerzeit, dass mich der Trailer zu „Die letzte Fahrt der Demeter“ so gar nicht abholte und auch die meisten Kritiken, die eins zur Veröffentlichung lesen konnte, eher negativ ausfielen. Wahrscheinlich hat es auch so deswegen so lange gedauert bis ich mich letztendlich an den Film herangetraut habe.
Kurz gesagt: ich weiß ja nicht, für welchen Film der Trailer Werbung machen sollte, es war auf jeden Fall nicht der, den ich gerade gesehen habe.
Basierend auf einem einzelnen Kapitel aus Bram Stokers „Dracula“ hat Øvredal einen überaus atmosphärischen, knackig inszenierten Genrefilm geschaffen, der mit unerwarteten Härten und eben solchen Held*innen zu überraschen weiß.
Ja, weder der Schwarze Schiffsarzt Clemens, noch die blinde Passagierin Anna kommen im Originalroman vor, doch wer hier nach Werktreue schreit und sich wie der Kritiker der Frankfurter Rundschau nicht entblödet von „aufgepfropfter Diversität“ und dem „guten Schwarzen“ zu sprechen, dürfte genaugenommen keine der unzähligen filmischen Dracula-Interpretationen gutheißen, zumal beide Figuren durchaus glaubwürdig in die Handlung eingeführt und eingebunden werden.
Dass der Film an anderen Stellen die eine oder andere Logiklücke hat, sei ebenso geschenkt, wie die Tatsache, dass auch bei zwei Stunden Laufzeit nicht viel Zeit für tiefgehende Charakterisierung bleibt.
Die Darsteller*innen wissen aber auf jeden Fall alle zugefallen, sei es Liam Cunningham als Kapitän, der den meisten noch aus „Game of Thrones“ in guter Erinnerung sein dürfte, oder der wie immer charismatische David Dastmalchian als erster Maat Wojchek, und natürlich Aisling Franciosi, deren Darstellung in dem ungewöhnlichen Rape and Revenge-Drama „The Nightingale“ mich damals schwer beeindruckt hat und auf die ich mich in „Stopmotion“ schon sehr freue, und Corey Hawkins, der mir durch seine Nebenrollen in „BlacKkKlansman„, „Kong Island“ und „Walking Dead“ bisher nur in vager Erinnerung war, in der Hauptrolle.
Dass es auch einen Jungen (den Enkel des Kapitän) und einen Hund an Bord gibt, hatte mich Schlimmes befürchten lassen, aber zum Glück schert sich André Øvredal nicht um die „No dogs, no children“-Regel Hollywoods, wie er ohnehin wenig zimperlich bei der Gewaltdarstellung ist, ohne jedoch gleich in Splattergefilde abzugleiten.
Da sein Dracula aber eben nicht der sinnliche Verführer eines Gary Oldman ist, sondern ein Monster, dessen Äußeres dunkel an Murnaus Nosferatu erinnert, jedoch noch weniger menschlich ist, passt das aber auch ganz gut.
Clint Eastwoods Stammkameramann Tom Stern verpackt das Ganze in atmospärische Bilder, die vor allem die Enge des Schiffs gut einzufangen wissen.
Alles in allem ein überaus gelungener und wie ich finde unterhaltsamer Genrefilm mit leichten Schwächen, die er sich aber mit anderen Vertretern des Genres teilt.
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