Olivers Filmwelten

Aus Leidenschaft zum Film


„Trauma“ / „Aura“

USA, 1993

Bewertung: 4 von 5.

Nach der Enttäuschung über Dario Argentos „Dark Glasses„, der von vielen als Rückkehr des Altmeisters und Mitbegründer des Genres zum Giallo gefeiert wurde und sich nach einem optisch fulminanten Anfang dann leider doch als inhaltliche wie inszenatorische Nullnummer präsentierte, hatte ich mir die amerikanische Blu ray von „Trauma“ bestellt, den ich als letzten guten Film von Argento in Erinnerung hatte.
Trauma“ war Argentos Versuch auf dem amerikanischen Markt mit seinen Filmen Fuß zu fassen, was ihm nicht gelang und weswegen er bereits für den Nachfolger „The Stendhal Syndrome„, dem ich auch nochmal eine Chance geben könnte, wieder nach Italien zurückkehrte.
So ist „Trauma“ dann auch von einigen Kompromissen geprägt, die der Regisseur auf Anraten seines amerikanischen Beraters eingegangen war, insbesondere bei der Gewaltdarstellung.
Was nicht heißen soll, dass der Film um einen Mörder, der seine Opfer mit einer elektrischen Drahtsäge enthauptet, unblutig wäre.
Im Gegenteil, die Gewaltspitzen sind lediglich gut dosiert und von Effekt-Papst Tom Savini in den meisten Fällen erstaunlich glaubwürdig umgesetzt.
Die Kameraarbeit von Raffaele Mertes erweist sich als weiterer großer Pluspunkt des Films und dank des 4K-Scans, der der Blu ray des Labels Vinegar Syndrome zugrunde liegt, sehen gerade die dunklen und verregneten Szenen, von denen es eine Menge im Film gibt, geradezu atemberaubend aus.
Auch die subjetive Kamera zeigt sich hier nicht nur als Gimmick, sondern wird sehr bewusst und geschickt eingesetzt.
Argentos Tochter Asia ist im Alter von 18 Jahren in ihrer ersten Hauptrolle (weitere sollten in „Stendhal Syndrome“ und „Phantom of the Opera“ folgen) zu sehen und allen Unkenrufen zum Trotz füllt sie die Rolle der psychisch labilen, jungen Frau namens Aura nicht zuletzt dank ihrer brüchigen Ausstrahlung sehr gut aus.
Ihr zur Seite stehen neben dem relativ unbekannten Christopher Rydell als David (der Aura vom Selbstmord auf einer Brücke abhält) vor allem die große Piper Laurie, deren Darstellung der religiös-verblendeten Mutter in de Palmas „Carrie“ unvergesslich ist, und die hier wiederum die Mutter geben darf, wenn auch anders, so doch nicht weniger beängstigend, und in einem kurzen aber bemerkenswerten Auftritt Brad Dourif als Arzt Dr. Lloyd.
All das macht „Trauma“ zu einem effektvollen, in weiten Teilen wunderschön anzusehenden Horror-Thriller, der zwar nicht an Argentos Klassiker der 70er und 80er („Suspria„, „Phenomena„, „Deep Red„) heranreicht, aber auch noch nicht in die Belanglosigkeit seines Spätwerk hinabgesunken ist.



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