Olivers Filmwelten

Aus Leidenschaft zum Film


„The Power of the Dog“

Neuseeland, Australien, 2021

Bewertung: 4.5 von 5.

Jane Campions „Engel an meiner Tafel“ und „Das Piano“ waren Anfang der 90er wichtige Werke für meine filmische Sozialisierung.
Nach „Portrait of a Lady“ verschwandt sie irgendwie aus meiner Wahrnehmung und erst mit „Bright Star“ (2009) und vor allem der unglaublichen Serie „Top of the Lake“ (2013) kehrte mein Interesse an ihrem Schaffen zurück.
Ihr neuester Film (dieser Beitrag stammt ursprünglich vom 29.12.2021), der angeblich auch kurz in den deutschen Kinos lief, aber zumindest in keinem, das ich kenne, ist jetzt seit kurzem bei Netflix zu sehen.
Inmitten atemberaubender Landschaften, von Kamerafrau Ari Wegner („Lady Macbeth„) in langen ruhigen Einstellungen eingefangen, entspinnt sich ein seltsames Verhältnis zwischen zwei Brüdern, der frischgebackenen Ehefrau des einen und ihrem Sohn.
Die beiden Brüder Phil (Bendedikt Cumberbatch) und George Burbank (Jesse Plemons) verdienen ihr Geld mit Viehtreiben.
Als sich George in die Saloonbesitzerin Rose verliebt und diese kurz darauf heiratet und sie und ihren Sohn mit in das gemeinsame Haus bringt, brechen langsam die Spannungen zwischen den Brüdern auf.
Kirsten Dunst, als Rose wunderbar gegen den Strich besetzt, ist alleine Grund genug den Film anzuschauen. Sie spielt diese Rolle nicht, sondern durchlebt sie gleichsam und die Zuschauer*innen mit ihr.
Dagegen muss sogar Cumberbatch zurückstehen, der hier erstaunlich zurückgenommen und ohne aufgesetzte Manierismen spielt. Obwohl die Rolle des intelligenten aber sozial offensichtlich fehlentwickelten Phil nach einem Typecasting für den Sherlock-Darsteller klingt, zeigt er, dass er es versteht, vermeintlich ähnlich angelegte Rollen tatsächlich fein akzentuiert voneinander abzugrenzen und völlig anders zu interpretieren und ganz hinter die Rolle zurückzutreten.
Kodi Smit-McPhee gibt nach „The Road“ und „Slow West“ erneut den intelligenten, empfindsamen Jungen, der sich in einer harschen Umwelt beweisen muss.
Das alles ist selbst für Campion-Verhältnisse ausgesprochen langsam inszeniert. Die Spannung erzielt der Film, wenn er überhaupt auf eine solche abzielt, nicht aus seiner Handlung, sondern aus seinen Charakteren heraus, die erst allmählich, ganz wie die Landschaft um sie herum, ihre Geheimnisse preisgeben.
Wenn es einem gelingt, sich auf den Film und seine Charaktere einzulassen, erwartet einen ein eindringliches Erlebnis.
Für alle anderen, insbesondere jene, die einen Western erwarten, wahrscheinlich eher langweilige Kost.



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