Deutschland, 2019
Bernd ist Mitte Dreißig und mit seinem Leben unzufrieden.
Würde eins die Hauptfigur aus Arne Körners „Gasmann“ grob so zusammenfassen, wäre es ein Leichtes zu sagen, das deutsche Kinos sei voll von solchen Bernds. Und doch sind dieser Bernd und der Film irgendwie anders.
Bernd ist Schauspieler an einer kleinen Theaterbühne in Hamburg und bisher war es ihm nur vergönnt in Nebenrollen aufzutreten, wie auch sonst in seinem Leben: geschieden, notorisch pleite, ziellos.
Allein die Augenblicke mit seiner aktuellen Freundin Isa und seine wöchentlichen Treffen mit seinem Literaturzirkel in der Kneipe Silbersack geben ihm so etwas wie Halt.
Dann bekommt er das Angebot eine der beiden Hauptrollen im neuen Stück „Gasmann“ des Regisseurs Frank Winter zu übernehmen, über zwei SS-Offiziere, die kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges mit einer mobilen Gaskammer durch Deutschland ziehen. Doch die Zusammenarbeit mit dem exzentrischen Regisseur wird zur endgültigen Belastungsprobe.
Untermalt vom eigenwilligen Soundtrack der Hamburger Band „Passierzettel“ und von Kameramann Martin Prinoth kongenial bebildert ist Arne Körner eine fein beobachtete, überaus bissig-witzige Satire über den deutschen Kultur- und Theaterbetrieb gelungen, eine treffsichere Analyse der vermeintlich aber eben nicht wirklich stattfindenden Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, von Körner in Interviews gerne „Hitlertainment“ genannt (als Beispiel hierfür fällt im Film Hirschbiegels prätentiöses Machwerk „Der Untergang„) und das ergreifende Portrait eines einsamen Mannes auf der Suche nach Halt und Richtung in seinem Leben, abseits deutscher Betroffenheitsfilme und seicht-dämlicher Komödien.
Der Theaterschauspieler Rafael Stachowiak brilliert in der Hauptrolle, während der sonst selbst als Regisseur tätige Peter Ott eine wunderbar überspitzte Persiflage auf seinen Berufsstand abfeuert und Dietrich Kuhlbrodt, der vor seiner Schauspielkarriere (u.a. bei Christoph Schlingensief) als Oberstaatsanwalt auf die Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen spezialisiert war, verkörpert als einstiger (und immer noch stolzer) Hitlerjunge, der jetzt im Alter gefälschte Kriegsdevotionalien an Militaria-Sammler verkauft, überaus treffend das Schreckensbild eines sich wie selbstverständlich in der heutigen Gesellschaft bewegenden Alt-Nazis.
Erschienen ist der Film gerade eben bei Subkultur Entertainment in deren wunderbar kuratierten Reihe „Edition Deutsche Vita“ und entpuppt sich dort zwischen deutscher Exploitation von Rolf Olsen und großer Filmkunst von Roland Klick bis Georg Tressler als interessante Entdeckung und einer der überraschenden Höhepunkte der Reihe.
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