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Aus Leidenschaft zum Film


„The Long Walk“ / „The Long Walk: Todesmarsch“

USA, 2025

Bewertung: 3 von 5.

Seit Jahrzehnten war eine Verfilmung des von Stephen King unter dem Pseudonym Richard Bachmann veröffentlichten Romans „Todesmarsch“ geplant. Als Regisseur war sogar mal Frank Darabont im Gespräch, der uns mit „Die Verurteilten„, „The Green Mile“ und „Der Nebel“ gleich drei der besten King-Filme beschert hat.
Drehen durfte ihn schließlich Francis Lawrence, was eine Kritikerin zu dem Urteil veranlasste „The Long Walk“ sei „The Hunger Games“ mit Jungs. Nun, so naheliegend der Vergleich der beiden dystopischen Stoffe im ersten Augenblick scheinen mag, so sehr hinkt er letztendlich.
Nicht nur, dass Kings Buch die ältere Vorlage ist, sie setzt auch gänzlich andere erzählerische Schwerpunkte.
Die dystopische Gesellschaft ist in „The Long Walk“ zu keiner Zeit wirklich präsent und wird nur in Form ihrer brutalen Exekutive sichtbar. Gleiches gilt für die mediale Übertragung des Ereignisses, die in „Hunger Games“ eine zentrale Rolle spielt; hier wird sie zwar erwähnt, aber das Interesse der Bevölkerung an dem Gewaltmarsch der fünfzig jungen Männer beschränkt sich auf einzelne Schaulustige am Wegesrand und salutierende Gesetzeshüter.
Im Mittelpunkt des Films stehen Cooper Hoffman als Raymond „Ray“ Garraty und David Jonsson als Peter McVries, zwischen denen sich während des mehrere Tage dauernden Marschs eine enge Freundschaft entwickelt. Sie sind denn auch die beiden einzigen Charaktere, die ein bisschen mehr Hintergrundgeschichte und Motivation bekommen.
So liegt die Schockwirkung der Tode der anderen Teilnehmer auch mehr in der äußerst drastischen Darstellung der Kopfschüsse und anderer Gewaltakte, mit denen jeder Teilnehmer nach drei Verwarnungen hingerichtet wird, der langsamer als 5 km/h läuft oder zu lange anhält, als im Verlust von Figuren, zu denen eins als Zuschauende*r eine Bindung aufgebaut hätte.
J.T. Mollner, der als Regisseur mit „Outlaws and Angels“ und „Strange Darling“ zwei überaus interessante Filme geschaffen hat, hat dem Drehbuch die eine oder andere Wendung hinzugefügt, die dafür sorgen, dass auch Kenner*innen der Vorlage nicht nur Altbekanntes in Filmform zu sehen bekommen, jedoch erreicht „The Long Walk“ nie die erzählerische Raffinesse seiner eigenen Filme.
Der Marsch der Jungen ist lang, länger als ein Mensch ohne Pause überhaupt laufen könnte, der Film ist es jedoch nicht. Fünf Tage Dauermarsch werden auf gut hundert Minuten zusammengestaucht, ohne dass gerade gegen Ende die Strapazen bei den beiden Hauptfiguren wirklich spürbar oder sichtbar werden; was im Buch noch funktioniert hat, offenbart der Film gerade durch seine ansonsten hart-realistische Ausgestaltung überdeutlich: die Unmöglichkeit des Gezeigten.
Hatte ich letztens noch in einer Diskussion zu Logikfehlern in Genrefilmen gesagt, dass ich eigentlich durchaus gerne bereit und in der Lage bin, Filmwelten als wie erzählt hinzunehmen, so ist mir dieser Leap-of-Faith bei „The Long Walk“ nicht gelungen, vielleicht auch weil die Erschöpfung durch zu lange Wanderstrecken ein mir viel zu bekanntes Gefühl ist, um es vollständig verdrängen zu können.
So war er für mich leider nur ein toll gefilmter Survivalthriller mit gut aufspielenden Hauptdarstellern, der für den Augenblick zu fesseln weiß, dessen dystopisches Thema zudem hochaktuell erscheint, aber letztendlich indifferent und blass bleibt.



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