USA, 2020, Netflix
Ich hatte „The Devil all the Time“ schon seit längerer Zeit auf meiner Watchlist, vor allem um unseren „neighbourhood-friendly Spiderman“ Tom Holland mal in einer völlig anderen Rolle sehen zu können, hatte jedoch das Gefühl, dass dies ein Film sein könnte, für den ich in Stimmung sein müsste.
„The Devil…“ basiert auf dem gleichnamigen Roman des Schriftstellers Donald Ray Pollock, der zugleich den Erzähler des Films gibt und dessen lakonische Stimme den Zuschauer am Innenleben der Figuren teilhaben lässt.
Die Geschichte beginnt in einer kleinen Ortschaft in Ohio namens Knockemstiff, gegen den Stephen Kings Castle Rock wie ein Ort erscheint, an dem man gerne leben möchte.
Bill Skarsgard ist als aus dem 2. Weltkrieg traumatisiert zurückgekehrter Soldat Willard Russell, der sich in tiefe Religiösität geflüchtet hat und seine Familie damit terrrorisiert, tausendmal erschreckender als noch als Pennywise in der letzen ES-Verfilmung.
Überhaupt sind Glaube und Religion allgegenwärtig im Film, jedoch nicht als trostspendender Ort der Zuflucht, sondern als Quell und Deckmantel des Übels.
Die Menschen hier, so heißt es an einer Stelle des Films „are fighting the devil all the time“, doch schon bald wird klar, dass sie ihn eigentlich nicht bekämpfen, sondern wie der deutsche Titel des Romans es weniger doppeldeutig beschreibt selbst „[d]as Handwerk des Teufels“ sind.
Tom Holland, der in der zweiten Hälfte des Films Arvin, den dann jugendlichen Sohn Russells spielt, ist als einzige (und durchaus fragwürdige) Identifikationsfigur des Films genauso erstaunlich passend besetzt wie „Winter Soldier“ Sebastian Stan als schmierig-korrupter Sherriff und Robert Pattinson als Prediger mit einer Vorliebe für junge Mädchen.
Eliza Scanlen als Arvins Stiefschwester Lenora, Haley Bennett als seine Mutter, Mia Wasikowska als Helen Hutton und Riley Keough als Sandy Henderson runden den Cast ab als Frauen, die in dieser von Männern dominierten Welt vergeblich um ein kleines Stück eigenen Glücks ringen.
„The Devil…“ ist eine American Gothic Geschichte, die vom Horror amerikanischer Kleinststädte erzählt, ohne dafür die übersinnlichen Schrecken eines Stephen King bemühen zu müssen oder erstmal wie David Lynch einen Heile-Welt-Kitsch-Schleier darüber zu legen.
Der Deckmantel der Religiösität, der nicht zuletzt durch den ausnahmslos aus christlichen Folk- und Gospelliedern bestehenden Soundtrack über dem gesamten Geschehen liegt, ist von Anfang an verrottet und löchrig.
Momente der Schönheit und Hoffnung bietet der Film wenige und sie sind flüchtig in dieser Welt, wo Gewalt den Platz der Sprache eingenommen hat.
Kameramann Lol Crawley („Utopia„, „Der geheime Garten„) zeigt sich als zurückhaltender und doch feiner Beobachter des Geschehens, der sowohl die unterscheidlichen Charaktere als auch die tristen Schauplätze gekonnt und ungekünstelt einzufangen weiß.
Sicherlich nichts für den gemeinsamen Familiennachmittag vor dem Fernseher, aber wer Gefallen hat an den Abgründen menschlichen Tuns und Seins, mag einen Blick riskieren.
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