USA, 1983
„Suburbia“ ist der Debüt-Spielfilm der Regisseurin Penelope Spheeris, die elf Jahre später mit „Wayne’s World“ eine der erfolgreichsten Komödien der 1990er drehen sollte.
Wer jedoch nur ihren Klassiker mit Mike Meyers kennt, den dürfte „Suburbia“ zu tiefst schockieren.
Spheeris hatte 1981 die Dokumentation „The Decline of the Western Civilization“ gedreht, die noch heute als die authentischste und beste Doku über die Frühzeit der Punkbewegung in den USA gilt, sah sich jedoch damit konfrontiert, dass sie diese nicht in die Kinos bringen konnte.
Ein Film mit diesem Thema sei für das Publikum nur interessant, wenn er eine Handlung habe, hieß es.
Also verfasste sie das Drehbuch zu „Suburbia“ und lieh sich das fehlende Geld für die Produktion bei Roger Corman, der, wie die Regisseurin und Drehbuchautorin gerne in Interviews erzählt, im Gegenzug verlangt habe, dass in dem Film „alle 10 Minuten Sex oder Gewalt vorkomme“.
Spheeris weiß diese Vorgabe, die allerdings nicht so ganz wörtlich zu nehmen ist, jedoch überaus geschickt für sich zu nutzen, ohne den Film in Exploitation-Gefilde abgleiten zu lassen.
Ganz im Gegenteil, unterhaltsam ist die Gewalt in „Suburbia“ nur selten, am allerwenigsten dann, wenn es um sexualisierte Gewalt geht.
Die Szene, in der ein Punk während eines Konzerts der Band D.I., einer Zuschauerin, die seine sexuell-aggressive Anmache zurückgewiesen hat, die Klamotten vom Leib reisst und sie erniedrigt und immer mehr Zuschauer mitmachen, ist in ihrer Direktheit und Gnadenlosigkeit geradezu unerträglich, und zeigt zugleich, dass es Spheeris nicht um eine glorifizierende Darstellung der Punkszene geht, sondern sie auch bewusst den Finger in Wunden wie Misogynie innerhalb der Bewegung legt.
Die Besetzung nahezu aller Rollen mit Jugendlichen, die tatsächlich der Punkszene entstammen, verleiht dem Film um eine Gruppe von Punks, die sich in einem verlassenen Vorstadthaus ihre Zuflucht eingerichtet haben und diese gegen eine Gruppe radikaler Bürger, die sich „Citizens Against Crime“ nennt, verteidigen müssen, eine ungeheure Authenzität.
Heraus stechen hierbei, neben den beiden Hauptdarsteller*innen Bill Coyne und Jennifer Clay, vorallem der spätere Bassist der Red Hot Chili Peppers Mike „Flea“ B. als Rattenliebhaber Razzle und der heutige Stock Car Rennfahrer Chris Pedersen als platinblonder Punk Jack Diddley.
Die Mediabook-Veröffentlichung von Camera Obscura präsentiert den ungewöhnlichen Coming-of-Age-Film in sehr guter Bildqualität, die dem Film jedoch nichts von seiner rohen Wirkung nimmt, und ermöglicht damit seine mehr als verdiente Wiederentdeckung. Seine ungeschönte Darstellung von sexualisierter Gewalt, Selbstmord und Gewalt gegen Tiere und Kinder macht den Film jedoch nicht zu leichter Kost.
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