Olivers Filmwelten

Aus Leidenschaft zum Film


„Älskande par“ / „Loving Couples“

Schweden, 1964

Bewertung: 5 von 5.

Älskande par“ das Regiedebüt der schwedischen Schauspielerin Mai Zetterling wurde 1965 vom Wettbewerb in Cannes ausgeschlossen.
Zu offen, so hieß, es sei ihr Umgang mit Nacktheit und (weiblicher (auch Homo-))Sexualität, zu kritisch aber wohl auch ihr Blick auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft.
Basierend auf den Romanen der schwedischen feministischen Schriftstellerin Agnes von Krusenstjerna erzählt der Film (nach einem Drehbuch von Zetterling und ihrem Mann David Hughes) von drei jungen Frauen, die in einer Geburtsklinik auf ihre Entbindung oder Operation warten und währenddessen daran zurückdenken, wie es zu der jeweiligen Schwangerschaft gekommen ist.
In geschickt verschachtelten Rückblenden erfahren wir, wie ihre drei Schicksale miteinander verbunden sind.
Für das Seelenleben der Protagonist*innen findet der Ingmar Bergman-Stamm-Kameramann Sven Nykvist klare Schwarz-Weiß-Bilder, oft ganz nah an den Gesichtern der ausnahmslos beeindruckenden Schauspielerinnen, immer kunstvoll, jedoch nie selbstzweckhaft.
Gleiches gilt übrigens für alljene Darstellungen, die dem Film seinerzeit Kritik einbrachten. Manche davon brennen sich schmerzvoll in die Netzhaut der Betrachtenden ein, wie z.B. der Blick eines Mannes beim Verzehren eines Sahnetörtchens in der Gegenwart eines Mädchens (und seine späteren Annäherungsversuche) oder die Entsorgung einer Fehlgeburt, da sie Tabus in einer bis dahin selten gezeigten Deutlichkeit brechen, jedoch nicht um des Tabubruchs selbst willen, sondern um das Prinzip zu zerstören, dass über diese Dinge, die das Leben von Frauen und Mädchen nachhaltig beeinflussen, in einer von Männern dominierten Gesellschaft nicht gesprochen wird (und sie erst recht nicht gezeigt werden).
Wie Männer aber über Frauen und Mädchen reden (und entscheiden) ist ein weiterer wichtiger Aspekt des Films, so zum Beispiel in jener eindringlichen Szene, in der sich die kleine Angela auf der Beerdigung ihrer Mutter unter dem Esstisch versteckt und dort mitanhören muss, wie die Männer der Familie über ihr weiteres Schicksal beratschlagen.
Mai Zetterlings zeitlos beeindruckende Filme sind in Deutschland trotz ihrer künstlerischen, filmhistorischen und auch immer noch gesellschaftlichen Relevanz leider weder großartig bekannt noch irgendwie erhältlich, doch die amerikanische Criterion Collection hat die drei wichtigsten ihrer Werke („Loving Couples„, „Night Games„, „The Girls„) als wundervoll aufbereitete und mit einem klugen Booklet versehene Blu-ray-Edition herausgebracht, die aber leider auf europäischen Playern nicht läuft. Es sind Veröffentlichungen wie diese, für die sich die durchaus kostspielige Anschaffung eines code-freien Blu-ray-Players für mich mehr als gelohnt hat.



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