Theater an der Ruhr, 2024
Alle paar Jahre zieht es mich ins Theater, meistens dann, wenn ein sehr guter Freund mich auf eine sehenswerte Aufführung des Theaters an der Ruhr in Mülheim aufmerksam gemacht hat. So sollte heute ursprünglich die Indoor-Premiere des bereits 2024 auf der Außenbühne im Raffelbergpark aufgeführten „Ödipus“ unter der Regie von Alexander Klessinger und Mats Süthoff stattfinden, aus Gründen wurde daraus kurzfristig eine Durchlaufprobe, der wir freundlicherweise beiwohnen durften.
Sophokles klassisches Stück über Schicksal, Schuld und Sühne in der Übertragung von Roland Schimmelpfennig präsentiert sich hier in ungemein konzentrierter Form und überaus origineller Darbietung.
Auf der ansonsten komplett kargen, schwarzen Bühne liegen wie zufällig verteilt weiße Masken, während wir Nachrichtenmeldungen aus dem Jahr 1977 hören, die vom Start der interstellaren Voyager-Raumsonden berichten, an Bord je eine der Golden Voyager Records, die neben Grußbotschaften in 55 Sprachen und Angaben zur Position der Erde auch zahlreiche Beispiele für Errungenschaften der menschlichen Kultur enthielten.
Nachdem die Nachrichten verklungen sind, erscheint eine Gruppe fremdartiger Wesen, in weiße Gewänder gehüllt, mit Rohrschach-artigen Mustern statt Gesichtern und als eines von ihnen voller Neugier eine der Masken aufsetzt, beginnt es den „Ödipus“ zu zitieren.
Der anfängliche Schrecken und das Nicht-Verstehen der Wesen weichen jedoch nach und nach einem Sog, dem sie sich nicht entziehen können.
Was auf den ersten Blick ungemein gekünstelt und über-modernisiert klingen mag, funktioniert dank der reduzierten Ausgestaltung und der eindringlichen Darstellungsleistung aller Beteiligten, insbesondere von Marie Schulte-Werning als Ödipus ganz hervorragend.
Indem wir mit diesen Wesen das Werk Stück um Stück entdecken dürfen, nehmen uns die Regisseure praktisch an die Hand ohne den Erklärbar rauszulassen, und fügen den Antworten auf Sophokles‘ zentrale Frage danach, was den Mensch zum Menschen mache, eine weitere hinzu: die Kultur.
Also, wer die Möglichkeit hat, am 06. und 07. 10.2025 jeweils um 18 Uhr im Theater an der Ruhr in Mülheim. Ich überlege auf jeden Fall nochmal hinzugehen…
Hinterlasse einen Kommentar