Japan, 1969
Ende der 1960er Jahre kam das wirtschaftlich angeschlagene japanische Filmstudio Daiei auf seinen wohl renommiertesten Regisseur Masumura Yasuzō zu, ob er für sie nicht einen Film drehen könnte, der helfen sollte, das Studio zu retten: einen dieser neumodischen und erfolgreichen Exploitationfilme oder einen Pinku eiga (japanisches Softcore-Erotik Filmgenre) oder am besten direkt beides. Eine Kurzgeschichte des berühmten Schriftstellers Edogawa Rampo schien dafür am besten geeignet, doch was Yasuzō daraus schuf, war vielleicht nicht ganz das, was sich die Verantwortlichen versprochen hatten.
Der blinde Bildhauer Michio entführt das Erotik-Fotomodel Aki Shima, um mit ihr in seinem abgelegenen Atelier eine neue Form der Kunst, eine Kunst der Berührung zu schaffen.
Was scheinbar als Kriminalgeschichte beginnt, entwickelt sich erst zu einem surrealen, beklemmenden Kammerspiel zwischen drei Personen (Michios Mutter lebt auch noch in dem Atelier), um schließlich in den Abstieg in die Untiefen menschlicher Erotik zu münden, in dem die Grenzen zwischen Lust und Schmerz, zwischen Kunstwerk und Mensch mehr und mehr verschwimmen und sich letztendlich auflösen.
Dass dabei irgendwann das Foto-Modell Aki, die auch von Anfang an als Erzählerin aus dem Off auftritt, die führende Rolle übernimmt, bewahrt den Film genauso davor zu einer Männer-Phantasie zu verkommen, wie das Fehlen von Voyeurismus sowohl im Bezug auf die Darstellung von Sexualität als auch von Gewalt.
Nichtsdestotrotz ist Yasuzōs Film transgressives Kino in Reinkultur, das sich nicht nur vor dem Verfasser der Vorlage, sondern auch vor Charles Baudelaire, Georges Batailles und Marquis de Sade tief verneigt, dem es aber zugleich gelingt, nicht auch zuletzt durch die beeindruckende Kameraarbeit von Setsuo Kobayashi und die intensive Schauspielkunst von Eiji Funakoshi und Mako Midori, aus all diesen Einflüssen etwas zutiefst einzigartiges und eigenes zu machen.
Die beim britischen Vorzeige-Label Arrow Films erschienene Blu-ray präsentiert den Film in gewohnt hervorragender Bildqualität im Originalton mit englischen Untertiteln und überzeugt zusätzlich mit interessanten Video-Essays, in denen der Filmwissenschaftler Tony Rayns und der Literaturwissenschaftler Seth Jacobowitz den Film kenntnisreich in das Schaffen des Regisseurs und die japanische Filmgeschichte einordnen.
Über die Qualität und eventuelle Extras der mittlerweile vergriffenen, bei Rapid Eyes Movies erschienen deutschen DVD kann ich leider nichts sagen.
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