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Aus Leidenschaft zum Film


„Yaneura no Rajā“ / „The Imaginary“ / „Der Imaginäre“

Japan, 2023, Netflix

Bewertung: 5 von 5.

The Imaginary“ ist nach dem tollen „Mary and the Witch’s Flower“ der zweite Anime des von ehemaligen Mitarbeitenden des Sudio Ghibli gegründeten Studio Ponoc und zugleich der Debütfilm des Regisseurs Yoshiyuki Momose. Wie schon mit „Mary“ setzen sie die Tradition der starken Mädchenfiguren fort, finden aber gleichzeitig einen deutlich eigenständigeren Erzähl- und Animationsstil.
Basierend auf der gleichnamigen Erzählung des englischen Dichters und Schriftstellers A.F. Harrold und nach einem Drehbuch von Yoshiaki Nishimura, Mit-Schöpfer des Anime-Meisterwerks „Erinnerungen an Marnie„, erzählt der Film die Geschichte des Mädchens Amanda, deren Mutter einen kleinen Buchladen betreibt, und ihrem besten Freund Rudger. Rudger existiert jedoch nur in Amandas Vorstellung, wo die beiden zusammen wundervolle Abenteuer erleben.
Als die beiden durch einen Unfall in der realen Welt voneinander getrennt werden, sieht sich Rudger vor die Aufgabe gestellt, Amanda wiederzufinden bevor er sich auflöst, weil er zu lange von ihr getrennt ist.
Und dann gibt es da noch den unheimlichen Mr. Bunting, der sich von imaginären Freunden ernährt, und seine Gehilfin, ein schwarzhaariges Geistermädchen, die Rudger nachjagen.
Unerwartete Hilfe bekommt er jedoch von der geheimnisvollen Katze Zinzan, der wagemutigen Emily und dem Nilpferd Schneeflocke, die wie er Imaginäre sind.
The Imaginary“ ist ein zutiefst ergreifender und überaus intelligenter Film über den Umgang mit Verlust und Trauer und darüber, was es heißt erwachsen zu werden, und zugleich eine wunderbare Ode an die heilende Kraft und unerschütterliche Macht der kindlichen Phantasie, erzählt mit einer ausgewogenen Mischung aus Ernsthaftigkeit, Niedlichkeit und Grusel.
Die bei Netflix angegebene Altersfreigabe von 6 Jahren mag angesichts des doch sehr unheimlichen Mr. Bunting und insbesondere seiner geisterhaften Begleitung etwas niedrig angesetzt sein, aber auch darüber hinaus bietet der Film aufgrund seiner Thematik einiges, worüber Erwachsene mit zuschauenden Kindern reden sollten oder können.
Insgesamt macht „The Imaginary“ all das richtig, was der unsäglich platte Film „IF – Imaginry Friends“ versucht, aber nicht geschafft hatte, und ist außerdem ein leuchtendes Beispiel dafür, dass ein Zeichentrickfilm glaubwürdigere Charaktere und mehr Tiefgang besitzen kann als so mancher mit Oscars überschütteter Realfilm.



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