USA, 2022, Netflix
„Die Abenteuer des Pinocchio“ des italienischen Autors Carlo Collodi gilt als eines der am meisten verfilmten Kinderbücher überhaupt, wobei die Zeichentrick-Version von Disney aus dem Jahr 1940 und die japanische Zeichentrick-Serie von 1976 in Deutschland die bekanntesten sein dürften.
Braucht es da wirklich noch eine weitere Verfilmung?
„Ja!“, meinte der Disney-Konzern und schuf im Rahmen seiner Reihe von Real-Neuverfilmungen alter Zeichentrick-Klassiker mit Robert Zemeckis‘ Mischung aus Real- und Animationsfilm 2022 den künstlerischen und animationstechnischen Tiefpunkt der Firmengeschichte.
Dem entgegen steht der gleichzeitig entstandene Puppentrickfilm unter der Regie von Guillermo del Toro und Mark Gustafson, der in fantasievollen und düsteren Sets die Geschichte der Marionette, die gerne ein richtiger Junge wäre, in das Italien der 1930er Jahre verlegt.
Puppentrickfilme besitzen immer irgendwie einen besonderen Zauber, den kein Zeichentrick und keine Computeranimation je erreichen können, und del Toros „Pinocchio“ bildet da keine Ausnahme.
Die detailreichen Kulissen und die mit dem für del Toro typischen Auge für die Schönheit des Schrägen und Hässlichen designten Charaktere lassen uns die altbekannte Story neu erleben, auch weil das Drehbuch immer wieder vom Original abweicht und es um teils hintergründige, teils simpel-humoristische Spitzen gegen den Faschismus ergänzt.
So wird Collodis aufmüpfiger hölzerner Narr hier zum Kämpfer gegen Uniformismus, missgeleitete Vater(lands)liebe und Kriegsgläubigkeit.
Im Original werden die Figuren durch die Stimmen von nicht nur namhaften sondern auch talentierten Schauspieler*innen von Ewan McGregor über Cate Blanchett und Christoph Waltz bis zu (wie könnte es bei del Toro anders sein?) Ron Perlman zu klanglichem Leben erweckt. Es gibt sogar die eine oder andere kurze Gesangseinlage, die sich jedoch erstaunlich gut in das Stimmungsbild des Filmes einpassen.
Der Film ist ab 12 Jahre freigegeben, ich halte ihn aber auch für jüngere Kinder (so ab 8 oder 9 Jahren) unter thematischer Aufbereitung durch Erwachsene durchaus geeignet und sehenswert.
Hinterlasse einen Kommentar