USA, 1997
„Starship Troopers“ ist wohl neben „Basic Instinct“ Paul Verhoevens mißverstandenster Film. In Deutschland war er wegen angeblicher Gewaltverherrlichung 20 Jahre lang indiziert.
Militaristisch und faschistoid wurde er genannt, während zeitgleich Filme wie „Independence Day“ abgefeiert wurden.
Und in der deutschen Synchronisation gehen einige Feinheiten von Verhoevens bissiger Satire ohnehin verloren oder wurden vom Synchron-Studio direkt einfach weggelassen.
Gerade der Unterschied zwischen „Citizen“, dem Status den ein Mensch durch den Militärdienst erhält, und einem „Civilian“ geht in den deutschen Übersetzungen verloren. Die Aufzählung, welche Rechte ein Mensch erst als Citizen bekommt, versteckt Verhoeven in einer Duschraumszene während der Ausbildung, in der die jungen Rekrut*innen erzählen, warum sie zum Militär gegangen sind: politische Karriere, der Wunsch Kinder zu kriegen, etc.
In den Propaganda-Einblendungen zeigt Verhoeven sehr schön die Funktionsweise der Meinungsbildung in faschistischen Staatssystemen. „Do you want to know more?“ ist die Frage, die in jedem Werbeinfo-Spot an die Zuschauenden gestellt wird, doch die Antwort wird immer gleich mitgeliefert. Eine freie Wahl an Art und Umfang von Wissen ist damit nicht gegeben. Selbständige Wissensbildung, die nicht erwünscht ist, wird unterbunden, indem sowohl Bedarf als auch dessen Deckung in mundgerechten Häppchen vorgegeben werden.
Casper van Dien und Densie Richards sind das makellos schönen Poster-Boy und -Girl dieses Systems, die einem High-School-Film entsprungen sein könnten, und tatsächlich bedient sich der Regisseur in der ersten Hälfte auch vieler Elemente dieser Filmgattung, bevor es dann in die Ausbildung und schließlich an die Front geht.
Im Gegensatz zu Anti-Kriegsfilmen wie „Die Brücke“ oder „Komm und sieh„, mit denen er sich das Motiv des verblendeten jugendlichen Kanonenfutters und der Auswirkungen des Krieges auf junge Menschen teilt, bleibt „Starship Troopers“ jedoch immer auch als reiner Action-Film mit hervorragenden Spezialeffekten konsumierbar. So offensichtlich wie die zynische Satire Verhoevens zu sein scheint, erschließt sie sich leider nicht allen Kritiker*innen und Zuschauenden.
Eine besondere Rolle im Film spielt im übrigen Neil Patrick Harris als psychisch-begabter Carl Jenkins, der nicht umsonst später im SS-Ledermantel auftritt. Er ist die Verkörperung der psychologischen Gewalt und Manipulation faschistischer Systeme.
„It’s afraid!“ ist Jenkins‘ Aussage über den Brain-Bug, das Intelligenz-Zentrum des Feindes.
Der eigentliche Weg zum Sieg des Faschismus liegt nicht nur im Töten von Feinden, sondern im Stillegen der als feindlich wahrgenommenen intellektuellen Elite durch Furcht. Ein Weg, den rechtsradikale und konservative Kräfte auch in Deutschland nicht erst seit gestern munter beschreiten.
Hinterlasse eine Antwort zu „Hellraiser 4 – Bloodline“ – Olivers Filmwelten Antwort abbrechen